Bei einer Panikstörung können sowohl Medikamente als auch Naturheilmittel die akuten Symptome lindern, jedoch mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen. Während Benzodiazepine schnell wirken, aber ein hohes Abhängigkeitspotenzial haben, zeigen Antidepressiva verzögerte, oft moderate Effekte. Neuere Studien belegen zudem, dass auch Naturheilmittel wie z.B. Baldrian, Passionsblume oder Johanniskraut durchaus wirksame Alternativen darstellen können. Langfristig bleibt jedoch Psychotherapie der Goldstandard, vor allem wenn es um eine nachhaltige Genesung von Panikstörungen geht. Vor allem moderne Therapieansätze, die nicht nur einer Therapieschule folgen, sondern das Beste aus unterschiedlichen Therapieansätzen kombinieren, haben das Potential, Menschen mit Angststörungen schnell und vor allem auch nachhaltig zu helfen.
Alle Themen im Überblick
Wenn die Angst übermächtig wird – Was passiert bei einer Panikattacke?
Panikattacken sind kurzzeitige, intensive Angstzustände, die von einer Reihe körperlicher Reaktionen begleitet werden. Menschen erleben dabei typischerweise einen beschleunigten Herzschlag, vermehrtes Schwitzen und ein Gefühl der Enge in der Brust. Auch Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit können auftreten.
Während dieser Episoden entstehen oft beunruhigende Gedanken, etwa die Sorge, die Kontrolle zu verlieren oder in ernster gesundheitlicher Gefahr zu sein. Diese Gedanken sind Teil der Angstreaktion und verstärken häufig das Unbehagen.
Ein wichtiger Aspekt zum Verständnis: Panikattacken sind zeitlich begrenzte Erfahrungen, die typischerweise zwischen 5 und 30 Minuten andauern. Auch wenn sie sich beängstigend anfühlen können, sind sie nicht lebensbedrohlich.
Von einer Panikstörung spricht man, wenn Panikattacken wiederholt auftreten und die Betroffenen beginnen, bestimmte Situationen aus Angst vor weiteren Attacken zu meiden. Diese Vermeidungsstrategie kann mit der Zeit die Lebensqualität einschränken.
Die gute Nachricht: Sowohl einzelne Panikattacken als auch Panikstörungen lassen sich gut behandeln. Mit professioneller Unterstützung können Betroffene lernen, mit den Symptomen umzugehen und ihr Leben wieder in vollem Umfang zu genießen.
Behandlungsmöglichkeiten im Überblick
Wenn Sie unter einer Panikstörung leiden, gibt es verschiedene Wege, diese zu behandeln. Stellen Sie sich diese Behandlungsmöglichkeiten wie verschiedene Werkzeuge in einem Werkzeugkasten vor – je nach Situation und individuellen Bedürfnissen können unterschiedliche Werkzeuge hilfreich sein.
Die drei Hauptsäulen der Behandlung sind:
- Psychotherapie: Wie das Erlernen einer neuen Fähigkeit, die Ihnen hilft, Angstsituationen besser zu bewältigen und fehlerhafte Denkmuster zu verändern.
- Naturheilkundliche Ansätze: Sanfte Unterstützung des Genesungsprozesses. Bei Angststörungen ergänzend zur Psychotherapie oft genauso hilfreich wie Medikamente, jedoch mit signifikant weniger Nebenwirkungen.
- Medikamentöse Behandlung: Wie ein Stützrad am Fahrrad – kann besonders in akuten Phasen helfen, sollte aber niemals als Dauerlösung gedacht sein.
Es ist wichtig zu verstehen, dass eine langfristige Überwindung der Panikstörung am besten durch Psychotherapie gelingt. Medikamente und naturheilkundliche Ansätze können jedoch wertvolle Unterstützung bieten, besonders in akuten Phasen oder wenn die Psychotherapie allein nicht ausreichend ist.
Der beste Ansatz ist oft ein individuell abgestimmter Plan, der Ihre persönliche Situation, die Schwere Ihrer Symptome und Ihre Präferenzen berücksichtigt. So ist z.B. für viele Menschen der Gedanke an natürlichere Alternativen zu Medikamenten ansprechend, während die Vorstellung Psychopharmaka einzunehmen, zusätzliche Ängste auslösen kann. Und tatsächlich gibt es einige pflanzliche Mittel und sogar Nahrungsergänzungen, die bei Angstzuständen und Panikstörungen helfen können – mit wissenschaftlichen Belegen für ihre Wirksamkeit.
Baldrian – der bewährte Klassiker
Baldrian (Valeriana officinalis) wird seit Jahrhunderten als natürliches Beruhigungsmittel eingesetzt. Die Wurzel dieser Pflanze enthält verschiedene Wirkstoffe, darunter Valerensäuren und Valepotriat, die eine beruhigende Wirkung auf das zentrale Nervensystem haben.
Wirkungsweise: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Baldrian-Extrakte an ähnlichen Rezeptoren im Gehirn wirken wie Benzodiazepine – nämlich an den GABA-Rezeptoren. GABA ist ein hemmender Neurotransmitter, der die Aktivität des Nervensystems „herunterfährt“.
Der entscheidende Unterschied: Baldrian wirkt deutlich schwächer und ohne das gleiche Abhängigkeitspotenzial wie Benzodiazepine. Stellen Sie sich Benzodiazepine wie eine massive Bremse vor, während Baldrian eher wie ein sanftes Abbremsen wirkt.
Wirksamkeit bei Angst- und Schlafstörungen: Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2020 wertete 60 kontrollierte Studien aus, bei denen die Wirksamkeit von Baldrian bei Angststörungen und Schlafproblemen untersucht wurde. Die Analyse kam zu dem Schluss, dass Baldrian-Präparate bei Angstzuständen und Schlafstörungen moderat wirksam sein können, mit einer Effektstärke, die etwa einem Drittel der Wirkung von Benzodiazepinen entspricht – aber ohne deren Risiken.
Baldrian kann helfen:
- Den allgemeinen Angstzustand zu reduzieren
- Besser einzuschlafen und durchzuschlafen
- Die Häufigkeit von Panikattacken zu verringern
- Das Gedankenkarussell zu beruhigen
Die übliche Dosierung liegt bei 400–900 mg Extrakt täglich, auf 2–3 Dosen verteilt oder als Einmaldosis am Abend. Achten Sie auf standardisierte Extrakte mit einem Gehalt von 0,8% Valerensäuren.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Baldrian gilt im Allgemeinen als sicher, auch bei längerer Anwendung. Gelegentlich können leichte Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen oder morgendliche Benommenheit auftreten. Diese Nebenwirkungen sind jedoch meist mild und vorübergehend.
Eine wichtige Information: Die volle Wirkung von Baldrian entfaltet sich oft erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Einnahme – ähnlich wie bei Antidepressiva, wenn auch vorwiegend schneller.
Passionsblume – sanft und wirksam
Die Passionsblume (Passiflora incarnata) enthält Flavonoide und andere Wirkstoffe, die beruhigend wirken, ohne stark zu sedieren. Sie ist besonders gut für den Tageseinsatz geeignet, wenn Sie wach und funktionsfähig bleiben möchten.
Wirkungsweise: Die Wirkstoffe der Passionsblume binden ebenfalls an GABA-Rezeptoren, aber auf eine andere Weise als Baldrian oder Benzodiazepine. Zudem scheinen sie einen positiven Einfluss auf den Serotonin- und Dopaminstoffwechsel zu haben – jene Botenstoffe, die auch bei der Wirkung von Antidepressiva eine Rolle spielen.
Wirksamkeit bei Angststörungen: Eine doppelblinde, placebokontrollierte Studie, die im Journal of Clinical Pharmacy and Therapeutics veröffentlicht wurde, verglich die Wirkung von Passionsblumenextrakt mit dem Benzodiazepin Oxazepam bei 36 Patienten mit generalisierten Angststörungen.
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Passionsblume zeigte eine ähnliche Wirksamkeit wie das Benzodiazepin, setzte jedoch etwas langsamer ein. Dafür verursachte sie deutlich weniger Beeinträchtigungen der Arbeitsleistung und Tagesmüdigkeit. Dies macht sie zu einer interessanten Option für Menschen, die unter Angstsymptomen leiden, aber im Alltag voll funktionsfähig bleiben müssen.
Die übliche Dosierung liegt bei 400–800 mg Extrakt täglich, verteilt auf 2–3 Dosen.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Passionsblume gilt als sehr gut verträglich. Selten können Schläfrigkeit, leichte Übelkeit oder Kopfschmerzen auftreten. Eine Wechselwirkung mit blutdrucksenkenden Medikamenten ist möglich, da Passionsblume selbst leicht blutdrucksenkend wirken kann.
Johanniskraut – das pflanzliche Antidepressivum
Johanniskraut (Hypericum perforatum) ist eines der am besten untersuchten pflanzlichen Heilmittel und wird oft als „pflanzliches Antidepressivum“ bezeichnet. Es ist besonders bei leichten bis mittelschweren Depressionen wirksam, kann aber auch bei Angststörungen hilfreich sein, besonders wenn diese mit depressiven Symptomen einhergehen.
Wirkungsweise: Johanniskraut enthält verschiedene Wirkstoffe, darunter Hypericin und Hyperforin, die ähnlich wie synthetische Antidepressiva auf die Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Dopamin wirken. Sie hemmen die Wiederaufnahme dieser Neurotransmitter und erhöhen so deren Konzentration im Gehirn.
Wirksamkeit bei Angststörungen: Eine Metaanalyse von 29 Studien mit insgesamt 5.489 Patienten, veröffentlicht im Cochrane Database of Systematic Reviews, kam zu dem Schluss, dass Johanniskraut selbst bei schweren Depressionen ähnlich wirksam sein kann wie Antidepressiva, dabei aber deutlich weniger Nebenwirkungen hat.
Für Angststörungen ist die Datenlage nicht ganz so umfangreich, aber mehrere kleinere Studien deuten auf eine positive Wirkung hin, besonders bei Angstsymptomen, die mit depressiver Stimmung einhergehen.
Die übliche Dosierung liegt bei 300–900 mg eines standardisierten Extrakts (0,3% Hypericin) täglich, verteilt auf 3 Dosen.
Johanniskraut: Wechselwirkung mit anderen Medikamenten beachten!
Johanniskraut ist zwar pflanzlich, aber keineswegs harmlos in Kombination mit anderen Medikamenten. Es kann zu ernsthaften Wechselwirkungen kommen, weil es bestimmte Leberenzyme aktiviert, die für den Abbau vieler Medikamente zuständig sind.
Besondere Vorsicht ist geboten bei:
- Blutverdünnern wie Marcumar (Phenprocoumon): Johanniskraut kann deren Wirkung verringern und so das Risiko für Blutgerinnsel erhöhen.
- Immunsuppressiva wie Cyclosporin: Die Wirkung kann so stark reduziert werden, dass bei Organtransplantierten eine Abstoßungsreaktion droht.
- Antivirale Medikamente: Besonders bei HIV-Medikamenten oder Hepatitis-Therapien kann Johanniskraut die Wirksamkeit erheblich vermindern.
- Hormonellen Verhütungsmitteln: Die Wirkung der Pille kann beeinträchtigt werden, was zu ungewollten Schwangerschaften führen kann.
- Anderen Antidepressiva: Die Kombination kann zu einem gefährlichen „Serotonin-Syndrom“ führen.
Informieren Sie daher immer Ihren Arzt über alle Medikamente, die Sie einnehmen, bevor Sie mit Johanniskraut beginnen, und setzen Sie es niemals eigenmächtig ab.
Lavendel – mehr als nur ein angenehmer Duft
Lavendelöl in spezieller Zubereitung (Silexan) hat in mehreren klinischen Studien eine bemerkenswerte angstlösende Wirkung gezeigt. Diese spezielle Form sollte nicht mit gewöhnlichem ätherischem Lavendelöl für Duftlampen verwechselt werden.
Wirkungsweise: Silexan wirkt auf bestimmte Kalziumkanäle im Gehirn, die an der Regulation von Angst beteiligt sind. Zudem scheint es die Aktivität in der Amygdala zu reduzieren – jenem Teil des Gehirns, der maßgeblich an der Verarbeitung von Angstreizen beteiligt ist.
Wirksamkeit bei Angststörungen: Eine bemerkenswerte Studie, die bereits 2010 veröffentlicht wurde, verglich die Wirkung von Silexan mit dem Benzodiazepin Lorazepam bei 77 Patienten mit generalisierter Angststörung. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Silexan zeigte eine vergleichbare Wirksamkeit wie das Benzodiazepin, jedoch ohne dessen sedierende Nebenwirkungen und ohne Abhängigkeitspotenzial.
Eine weitere Metaanalyse von sieben randomisierten, kontrollierten Studien mit insgesamt 1.556 Teilnehmern bestätigte die angstlösende Wirkung von Silexan bei verschiedenen Angststörungen, mit einer Effektstärke, die mit niedrig dosierten Benzodiazepinen vergleichbar war.
Der Vorteil: Lavendel macht nicht abhängig und beeinträchtigt weder die Fahrtüchtigkeit noch die Konzentrationsfähigkeit. Ein weiterer Pluspunkt ist die schnellere Wirkung im Vergleich zu Antidepressiva – oft innerhalb von ein bis zwei Wochen.
Die übliche Dosierung liegt bei 80–160 mg Silexan täglich.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Silexan gilt als gut verträglich. Gelegentlich können Verdauungsbeschwerden oder leichte allergische Hautreaktionen auftreten. Bei bekannter Allergie gegen Lavendel oder andere Lippenblütler sollte Silexan nicht angewendet werden.
Weitere Naturheilmittel gegen Panikstörungen
Neben Lavendel, Passionsblume und Johanniskraut gibt es noch vier weitere Naturheilmittel, die nachweislich bei Panikstörungen helfen können. Das sind Safran, Kava, Ginkgo und Ashwagandha. Wann und wie Sie diese natürlichen Helfer am besten einsetzen können, erfahren Sie in einem gesonderten Blogartikel mit dem Titel „Naturheilmittel gegen Ängste & Phobien: Sanfte Hilfe für die Seele“.
Nahrungsergänzungsmittel gegen Angst und Panik
Magnesium – der unterschätzte Mineralstoff
Magnesiummangel kann Angstsymptome verstärken und zu erhöhter Reizbarkeit führen. Dieser Mineralstoff ist an über 300 biochemischen Reaktionen im Körper beteiligt, darunter viele, die die Funktion des Nervensystems und die Stressregulation betreffen.
Wirkungsweise: Magnesium wirkt als natürlicher Kalziumkanalblocker und hat eine dämpfende Wirkung auf das Nervensystem. Es unterstützt zudem die Produktion von GABA, dem wichtigsten hemmenden Neurotransmitter im Gehirn.
Wirksamkeit bei Angststörungen: Eine systematische Übersichtsarbeit, veröffentlicht im Nutrients Journal, analysierte 18 verschiedene Studien zur Wirkung von Magnesium auf Angst und Stress. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Magnesiumergänzung bei Personen mit niedrigen Magnesiumspiegeln Angstsymptome signifikant reduzieren kann.
Besonders interessant: Magnesium scheint besonders wirksam bei Angst zu sein, die mit körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Muskelanspannung oder Zittern einhergeht – typischen Symptomen einer Panikstörung.
Besonders empfehlenswert sind gut bioverfügbare Formen wie Magnesiumcitrat, Magnesiumglycinat oder Magnesiummalat in einer Dosierung von 300 bis 400 mg elementarem Magnesium täglich, idealerweise auf 2–3 Dosen verteilt.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Magnesium in therapeutischen Dosen ist in der Regel gut verträglich. Bei zu hoher Dosierung kann es zu weicherem Stuhlgang oder Durchfall kommen – ein Zeichen, dass Sie die Dosis reduzieren sollten. Bei schweren Nierenfunktionsstörungen sollte die Einnahme mit dem Arzt abgesprochen werden.
Omega-3-Fettsäuren – Nahrung fürs Nervensystem
Mehrere Studien haben einen Zusammenhang zwischen niedrigen Omega-3-Spiegeln und erhöhter Angstneigung gefunden. Diese essenziellen Fettsäuren sind wichtige Bausteine für die Zellmembranen im Gehirn und können Entzündungsprozesse reduzieren, die möglicherweise mit Angststörungen in Verbindung stehen.
Wirkungsweise: Omega-3-Fettsäuren, insbesondere EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure), werden in die Zellmembranen von Nervenzellen eingebaut und verbessern deren Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit. Zudem haben sie entzündungshemmende Eigenschaften und können die Produktion von Neurotransmittern positiv beeinflussen.
Wirksamkeit bei Angststörungen: Eine Metaanalyse von 19 klinischen Studien mit insgesamt 2.240 Teilnehmern, veröffentlicht im JAMA Network Open, untersuchte die Wirkung von Omega-3-Supplementierung auf Angstsymptome. Die Analyse ergab eine signifikante Reduktion von Angstsymptomen durch Omega-3-Ergänzung, besonders bei Personen mit klinisch diagnostizierten Angststörungen.[9]
Bemerkenswert war, dass höhere Dosen von EPA im Vergleich zu DHA mit besseren Ergebnissen verbunden waren. Dies entspricht auch den Ergebnissen bei Depressionen, wo EPA als der aktivere Bestandteil gilt.
Empfohlen werden etwa 1–2 g EPA und DHA täglich über einen Zeitraum von mindestens 8 Wochen. Dabei sollte das Verhältnis von EPA zu DHA idealerweise bei mindestens 2:1 liegen.
Quellen und Qualität: Omega-3-Fettsäuren finden sich natürlich in fettem Seefisch wie Lachs, Makrele oder Hering. Wenn Sie diese nicht regelmäßig essen oder Vegetarier/Veganer sind, können Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein. Achten Sie dabei auf hohe EPA-Gehalte und molekular destillierte Produkte (zur Entfernung von Schwermetallen). Für Vegetarier/Veganer empfiehlt sich Algenöl als pflanzliche Alternative.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Omega-3-Präparate gelten als sicher. Gelegentlich können fischiger Nachgeschmack, Aufstoßen oder leichte Verdauungsbeschwerden auftreten. Bei Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten sollte die Supplementierung mit dem Arzt abgesprochen werden, da Omega-3 in höheren Dosen selbst blutverdünnend wirken kann.
L-Theanin – der Entspannungsbotenstoff aus Grüntee
L-Theanin ist eine Aminosäure, die hauptsächlich in Teeblättern vorkommt, besonders in grünem Tee. Sie ist bekannt für ihre beruhigende Wirkung, ohne dabei Müdigkeit zu verursachen – im Gegenteil, sie fördert einen Zustand entspannter Wachheit.
Wirkungsweise: L-Theanin erhöht die Aktivität der Alphawellen im Gehirn, die mit einem Zustand entspannter Konzentration assoziiert sind. Zudem beeinflusst es die Botenstoffe GABA, Serotonin und Dopamin positiv und kann den Cortisolspiegel senken – ein wichtiges Stresshormon, das bei Angststörungen oft erhöht ist.
Wirksamkeit bei Angststörungen: Eine randomisierte, placebokontrollierte Studie, untersuchte, inwieweit sich stressbedingte Symptome mit L-Theanin reduzieren lassen. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass sich dadurch die psychische Gesundheit von Menschen mit stressbedingten Beschwerden und kognitiven Beeinträchtigungen spürbar fördern lässt.
Besonders interessant: L-Theanin scheint besonders wirksam bei „Alltagsängsten“ und in akuten Stresssituationen zu sein. Es kann die Stressreaktion abmildern, ohne die geistige Klarheit zu beeinträchtigen.
Die übliche Dosierung liegt bei 200–400 mg täglich, entweder als Einzeldosis oder verteilt auf 2 Dosen.
Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: L-Theanin gilt als sehr sicher, selbst in höheren Dosen. Nebenwirkungen sind selten und meist mild. Bei blutdrucksenkenden Medikamenten ist Vorsicht geboten, da L-Theanin selbst den Blutdruck leicht senken kann.
Wichtige Hinweise zu Naturheilmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln
- Bei allen bislang vorgestellten Präparaten ist die Wirkung meist subtiler als bei konventionellen Medikamenten: Erwarten Sie keine „Wunderwirkung“ oder sofortige Besserung. Überwiegend entfaltet sich die Wirkung allmählich und über mehrere Wochen hinweg.
- Obwohl alle genannten Mittel gut untersucht sind, ist die Zahl und Qualität der Studien vorwiegend nicht mit jenen synthetischer Medikamente vergleichbar. Auch Naturheilmittel können Nebenwirkungen und Wechselwirkungen haben: „Natürlich“ bedeutet nicht automatisch „harmlos“. Informieren Sie sich über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen, besonders wenn Sie bereits andere Medikamente einnehmen.
- Qualität macht einen großen Unterschied: Achten Sie auf standardisierte Extrakte von seriösen Herstellern. Bei pflanzlichen Präparaten kann der Wirkstoffgehalt stark schwanken, wenn keine Standardisierung erfolgt. Besprechen Sie die Einnahme daher immer mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker, besonders wenn Sie bereits andere Medikamente einnehmen oder unter chronischen Erkrankungen leiden.
Medikamentöse Behandlung bei Panikstörungen
Antidepressiva gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten bei Panikstörungen. Sie wirken auf die Botenstoffe im Gehirn, insbesondere auf Serotonin und Noradrenalin – jene Substanzen, die mutmaßlich Ihre Stimmung, Ihr Angstempfinden und Ihre Stressreaktion regulieren.
Antidepressiva – Wirkung und Grenzen
Eine der umfangreichsten Untersuchungen zur Wirksamkeit von Antidepressiva wurde 2018 im renommierten Fachjournal The Lancet veröffentlicht. Diese Netzwerk-Metaanalyse untersuchte 21 verschiedene Antidepressiva an über 116.000 Patienten.
Was diese Studie interessanterweise aufdeckte: Der tatsächliche Nutzen von Antidepressiva ist deutlich geringer als allgemein angenommen wird. Die Wissenschaftler fanden zwar einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Antidepressiva und Placebo, aber dieser Unterschied war „extrem klein“ und lag meist unterhalb der klinisch bedeutsamen Schwelle.
Was bedeutet das für Sie? Antidepressiva können durchaus helfen, aber ihre Wirkung wird häufig überschätzt. Sie sind kein „Wundermittel“, das Ihre Panikstörung einfach verschwinden lässt. Da sie zudem eine Vielzahl teils schwerer Nebenwirkungen auslösen können, obwohl Ihre Wirksamkeit kaum besser ist als die vieler Naturheilmittel, dürfen Sie selbst entschieden, ob es damit versuchen wollen oder doch gesündere Alternativen bevorzugen.
Die wichtigsten Gruppen von Antidepressiva bei Panikstörungen
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Citalopram, Sertralin, Fluoxetin, Escitalopram oder Paroxetin. Sie wirken gezielt auf den Botenstoff Serotonin und haben im Vergleich zu älteren Antidepressiva etwas weniger Nebenwirkungen. In der klassischen Therapie sind meist die erste Wahl bei der medikamentösen Behandlung von Panikstörungen.
- Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) wie Venlafaxin oder Duloxetin. Sie wirken zusätzlich auf den Botenstoff Noradrenalin und kommen oft zum Einsatz, wenn SSRIs nicht ausreichend wirken.
- Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin, Clomipramin oder Imipramin. Diese ältere Generation von Antidepressiva wird wegen ihrer starken Nebenwirkungen heute seltener eingesetzt. Sie können jedoch in bestimmten Fällen immer noch wirksam sein.
Die verzögerte Wirkung von Antidperessiva – ein wichtiger Faktor
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Sie über Antidepressiva wissen sollten: Die Wirkung setzt nicht sofort ein. Es dauert meist 2–4 Wochen, manchmal sogar länger, bis eine spürbare Besserung eintritt.
Deutlich früher, oft schon nach der ersten Einnahme, können Nebenwirkungen auftreten. Besonders häufig sind Übelkeit, Schlafstörungen, erhöhte Unruhe oder sexuelle Funktionsstörungen. Viele Menschen brechen die Behandlung deshalb vorzeitig ab oder wechseln nach Rücksprache mit Ihrem Arzt zu einem anderen Antidepressivum.
Dosierung – weniger kann mehr sein
Eine weitere überraschende Erkenntnis aus der Forschung: Bei den meisten Antidepressiva wird die maximale Wirksamkeit bereits bei niedrigen oder mittleren Dosierungen erreicht.
Eine recht aktuelle Studie aus dem Jahr 2023, veröffentlicht in The Chinese Medical Journal, analysierte Daten von über 135.000 Teilnehmern und fand keine konsistenten Dosis-Wirkungs-Beziehungen bei den meisten Antidepressiva. Nur bei drei Substanzen (Amitriptylin, Clomipramin und Reboxetin) zeigte sich ein linearer Anstieg der Wirksamkeit von niedrigen zu hohen Dosierungen.
Was bedeutet das für Sie? Eine Erhöhung der Dosis über mittlere Dosierungen hinaus bringt oft nicht mehr Wirkung, aber mehr Nebenwirkungen.
Benzodiazepine – Schnelle Hilfe mit Risiken
Benzodiazepine wie Clonazepam, Diazepam (Valium), Oxazepam, Lorazepam (Tavor) oder Alprazolam (Xanax) wirken sehr schnell gegen Angst und können eine Panikattacke teils binnen weniger Minuten stoppen. Sie verstärken die Wirkung des hemmenden Botenstoffs GABA im Gehirn – ähnlich wie wenn Sie in einem lauten Raum plötzlich einen Lärmschutz aufsetzen. Diese scheinbar magische Wirkung hat jedoch einen hohen Preis, den Sie kennen sollten.
Die Schattenseite der Benzodiazepine
- Alle Benzodiazepine haben ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Bereits nach 2-4 Wochen regelmäßiger Einnahme kann sich eine Abhängigkeit entwickeln. Ihr Körper gewöhnt sich an das Medikament und reagiert mit Entzugssymptomen, wenn Sie es absetzen.
- Symptombekämpfung statt Ursachenbehandlung: Benzodiazepine funktionieren wie ein Pflaster auf einer Wunde – sie decken die Symptome ab, heilen aber nicht die zugrunde liegende Störung.
- Kognitive Nebenwirkungen: Bei längerer Einnahme können Gedächtnisprobleme, Konzentrationsstörungen und andere kognitive Einschränkungen auftreten. Manche Patienten berichten von einem Gefühl der „Benommenheit“ oder „emotionalen Verflachung“.
- Toleranzentwicklung: Mit der Zeit benötigen Sie immer höhere Dosen, um den gleichen Effekt zu erzielen – ein gefährlicher Kreislauf.
Wann Benzodiazepine sinnvoll sein können
Trotz dieser erheblichen Nachteile gibt es Situationen, in denen Benzodiazepine sinnvoll eingesetzt werden können. Zum Beispiel als Notfallmedikation bei besonders schweren Panikattacken oder zur kurzfristigen Überbrückung, bis ein Antidepressivum zu wirken beginnt. Zudem können „Benzos“ vereinzelt bei besonders belastenden Ereignissen oder Situationen angewendet werden, wie z.B. bei Flugangst während eines unvermeidbaren Fluges. Wichtig ist hier: Die Einnahme sollte zeitlich streng begrenzt sein und in der niedrigstmöglichen Dosis unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Das Absetzen von Medikamenten – ein kritischer Übergang
Wenn Sie Medikamente gegen Panikstörungen einnehmen und diese absetzen möchten, ist besondere Vorsicht geboten. Dies ist ein Thema, das oft zu wenig Beachtung findet, aber für Ihre Genesung entscheidend sein kann.
Das Absetzsyndrom – von der Forschung bestätigt
Eine bemerkenswerte Studie, die 2024 im Fachjournal The Lancet Psychiatry veröffentlicht wurde, beleuchtet dieses oft übersehene Problem. Die Forscher fanden heraus, dass etwa ein Viertel der Patienten (ca. 25%) nach dem Absetzen von Antidepressiva unter Absetzsymptomen leidet.
Diese Symptome können den ursprünglichen Angstsymptomen täuschend ähnlich sein, was oft fälschlicherweise als Rückfall interpretiert wird – sowohl von Patienten als auch manchmal von Ärzten. Dies führt dazu, dass viele Patienten wieder mit der Medikation beginnen, obwohl sie vielleicht nur durch die Absetzphase hätten durchhalten müssen.
Typische Absetzsymptome
- Schwindel und Benommenheit
- elektrische Schocks im Kopf (Brain Zaps)
- Übelkeit, Magenbeschwerden oder Appetitlosigkeit
- Verstärkte Angst und Unruhe (manchmal sogar intensiver als vor der Medikation) Schlafstörungen, lebhafte Träume oder Albträume
- Kopfschmerzen und allgemeines Unwohlsein
- Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen
Bei Benzodiazepinen zusätzlich:
- Zittern
- Schwitzen
- erhöhte Lichtempfindlichkeit
- in schweren Fällen sogar Krampfanfälle
Der richtige Weg zum Absetzen
Das Absetzen von Psychopharmaka sollte immer langsam und schrittweise erfolgen. Je nach Medikament und Einnahmedauer kann dieser Prozess Wochen bis Monate dauern. Die Dosis wird dabei in kleinen Schritten reduziert – oft in Schritten von 10-25% der Ausgangsdosis alle 2–4 Wochen.
Wichtig ist auch, dass das Ausschleichen dieser Medikamente unter ärztlicher Begleitung stattfinden. Ihr Arzt kann die Dosisreduktion individuell anpassen und bei Bedarf unterstützende Maßnahmen einleiten. Idealerweise findet parallel dazu einer Psychotherapie statt oder sie nutzen die Möglichkeit zur Online-Therapie, z.B. über unseren bewährten Videokurs „Endlich angstfei!“. So lernen Sie alternative Bewältigungsstrategien, während die medikamentöse Unterstützung allmählich wegfällt – wie wenn Sie beim Fahrradfahren die Stützräder immer weiter hochstellen, bis Sie ganz ohne fahren können.
Achten Sie in dieser Zeit zudem besonders auf Selbstfürsorge. Ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung, Entspannungstechniken und eine ausgewogene Ernährung können den Absetzprozess erheblich erleichtern.
Zusammenfassung: Das Wichtigste in 30 Sekunden
Antidepressiva und Benzodiazepine können Panikstörungen lindern, haben aber begrenzte Wirksamkeit und potenziell problematische Nebenwirkungen. Die Lancet-Studie von 2018 zeigt, dass der Effekt von Antidepressiva oft kleiner ist als gedacht, und etwa 25% der Patienten erleben beim Absetzen Entzugssymptome. Die meisten Antidepressiva erreichen ihre maximale Wirkung bereits bei mittlerer Dosierung, wie eine aktuelle Studie mit 135.000 Teilnehmern bestätigt.
Naturheilmittel: Pflanzliche Mittel wie Baldrian, Passionsblume, Johanniskraut und Lavendel sowie Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium und Omega-3-Fettsäuren bieten nebenwirkungsärmere Alternativen mit wissenschaftlich belegter Wirksamkeit. Besondere Vorsicht ist bei Johanniskraut geboten, das zwar bei leichten bis mittelschweren Depressionen hilfreich sein kann, aber erhebliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufweist.
Psychotherapie ist und bleibt der Königsweg, um eine Panikstörung dauerhaft loszuwerden. Regelmäßige Bewegung, ein gesunder Lebensstil und die Einnahme bestimmter Nahrungsergänzungsmittel können den Heilungsprozess zusätzlich beschleunigen.
Denken Sie daran: Eine Panikstörung ist kein Schicksal, sondern eine gut behandelbare Erkrankung. Mit der richtigen Unterstützung und etwas Geduld können Sie lernen, Ihre Ängste zu überwinden und ein erfülltes Leben zu führen – frei von der Angst vor der Angst. Jeder Schritt, den Sie unternehmen, bringt Sie der Genesung näher, auch wenn der Weg manchmal herausfordernd erscheint.
Disclaimer / Haftungsausschluss
Dieser Artikel soll Sie umfassend informieren und Ihnen neue Perspektiven eröffnen. Er ergänzt, aber ersetzt nicht die individuelle Diagnose oder Behandlung durch medizinisches Fachpersonal. Bei gesundheitlichen Fragen: Holen Sie sich professionelle Hilfe – und nutzen Sie unsere Tipps als kraftvolle Unterstützung.
Wissenschaftliche Quellen
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