Ohne Wartezeit auf Therapie

Fazit nach der Exposition: Ich konnte es, hatte aber keinen Spaß dabei

Für mich war es immer normal, zurückgezogen zu sein. Während meine Mitschüler auf Partys gingen, verbrachte ich Wochenenden lieber vor dem Computer. Meine zwei besten Freunde tickten genauso, wir verstanden uns immer ohne viel Worte. Wir programmierten, spielten Games und redeten hin und wieder über Dinge, die sonst niemanden interessierten. Ich dachte, ich wäre einfach nur introvertiert. Dass mehr dahintersteckte, habe ich erst viel später begriffen.

Der Moment der Erkenntnis kam während meines Informatikstudiums. Um mich herum bildeten sich Freundschaften, Lerngruppen, Beziehungen – nur ich blieb außen vor. Nicht weil ich nicht wollte, sondern weil ich nicht konnte. Schon bei der Vorstellung, mich zu einer Gruppe zu gesellen oder jemanden anzusprechen, bekam ich Herzklopfen. Meine Gedanken überschlugen sich: „Was soll ich sagen?“, „Die finden mich bestimmt langweilig“, „Alle werden merken, wie verkrampft ich bin“.

Mit Mitte 20 hatte ich ein Informatik-Studium fast abgeschlossen, aber keine einzige Beziehung erlebt. Nicht mal ein Date. Während meine beiden Kumpels von damals längst Freundinnen hatten, schaute ich ihnen dabei zu, wie sie ein Leben führten, das mir unerreichbar schien.

Eines Tages fasste ich mir ein Herz und suchte einen Therapeuten auf. Die Diagnose: soziale Phobie. Es war seltsam erleichternd, einen Namen für etwas zu haben, das mich jahrelang belastet hatte, ohne dass ich es richtig einordnen konnte. Die kognitive Verhaltenstherapie, die dann folgte, war hart. Mein Therapeut erklärte mir, dass ich mich meinen Ängsten stellen müsste – Stichwort Expositionstherapie. Es dauerte, doch ich machte Fortschritte. Ich konnte tatsächlich eine Präsentation halten, ohne vorher schlaflose Nächte zu haben. Ich traute mich in Bars und sprach sogar fremde Menschen an. Aber etwas fehlte: Leichtigkeit. Ich konnte es, hatte aber keinen Spaß dabei. Es war, als würde ich mir selbst bei jedem sozialen Kontakt zuschauen und mich ständig bewerten. Und auch die Angst war unterschwellig immer noch da.

Doch dann stolperte ich online über den Kurs „Endlich angstfrei!“ von Klaus Bernhardt. Was mich ansprach, war der völlig andere Ansatz. Statt mich immer wieder meinen Ängsten auszusetzen und zu hoffen, dass sie irgendwann verschwinden, lernte ich Techniken, um mein Gehirn umzuprogrammieren. Genau das richtige für mich als Informatiker. Dass die Neuroplastizität in unserem Gehirn offensichtlich ganz ähnlichen Gesetzen unterliegt, wie die Codezeilen einer Software, leuchtete mir sofort ein. Muster erkennen und für sich nutzen. Lücken finden und das System austricksen. All das Wissen, dass ich bereits hatte, konnte ich auf einmal auch zur Überwindung meiner sozialen Ängste nutzen. Und es funktionierte erschreckend gut.

Nach etwa 9 Wochen Arbeit mit der Bernhardt Methode bemerkte ich dann eine Veränderung, die mich selbst verblüffte. Beim einem Konzertbesuch kam ich mit einer Gruppe ins Gespräch, ganz von selbst, ohne mich zu zwingen. Ich war nicht der verkrampfte Typ, der versuchte, irgendwie dazuzugehören. Ich war einfach… ich selbst. Mittlerweile hatte ich sogar schon ein paar Dates über Tinder. Noch nicht die große Liebe, aber immerhin. Ich bin auf dem Weg und zuversichtlicher denn je, dass alles gut werden wird. Immerhin kenne ich ja jetzt den „Code“, um mich selbst besser zu steuern.

Ich kann allen anderen, die ebenfalls mit Ängsten zu kämpfen haben, nur empfehlen, probiert es einfach aus. Man muss kein Programmierer sein, um zu begreifen, wie man sein Gehirn hin zu mehr Leichtigkeit trainieren kann. Mit der Anleitung, die man über die Online-Videos bekommt, ist das so einfach wie Zähneputzen. Aber auch das hilft natürlich nur, wenn man es macht.

Leandro H., Gelsenkirchen

Leandro H. aus Gelsenkirchen