Ohne Wartezeit auf Therapie

Nach 32 Jahren Emetophobie wie neu geboren!

Ich bin jetzt 49 und hatte seit meinem 17. Lebensjahr krankhafte Angst vorm Erbrechen. Mit der Familie ins Restaurant? Für mich pure Qual. Schiffsreisen? Unmöglich! Und Feiern, wo Alkohol floss? Ein echter Spießrutenlauf.

Ich hab alles Mögliche versucht, mehrere Klinikaufenthalte, über Jahre hinweg zur Psychotherapie, doch nichts half dauerhaft. Irgendwann dachte ich: „Ich muss einfach damit leben.“

Letztes Jahr hab ich’s nochmal probiert und bin zu Klaus Bernhardt ans Institut für moderne Psychotherapie in Berlin gegangen. Einer Freundin, die seit Jahren unter Panikattacken litt, konnte er gut helfen und nun bekniete sie mich, es doch auch mal zu versuchen. Also tat ich ihr den Gefallen. Doch schon die erste Sitzung brauchte eine Erkenntnis, die mich schier umhaute. Herr Bernhardt fragte mich nämlich:

„Können Sie sich überhaupt vorstellen, wie Sie ausgelassen auf einer Party tanzen, lachen, gut essen und dabei so viele leckere Cocktails trinken, dass Sie angenehm beschwipst sind?“

Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Keine Chance! In meinem Kopf tauchen sofort Bilder auf, wie mir schlecht wird und ich panisch versuche zu verschwinden.“

Dann erklärte er mir, was mein eigentliches Problem war: „Genau das ist der Grund, warum Sie seit über 30 Jahren Angst vorm Erbrechen haben. Ihr Gehirn hat komplett verlernt, sich solche Situationen positiv vorzustellen. Wie wollen Sie sowas jemals in echt erleben, wenn sich Ihr Gehirn schon weigert, es auch nur zu denken?“

Das hat mich echt zum Nachdenken gebracht. So hatte mir das noch nie jemand erklärt. Unser Gehirn ist wie ein Muskel – was wir nicht üben, verkümmert. Und mein Gehirn hatte das positive Denken in bestimmten Situationen völlig verlernt.

Der Therapeut brachte mir dann eine Mentalübung bei, die er die 10-Satz-Methode nannte. Dabei sollte ich einmal zehn positive Sätze über Situationen aufschreiben, die mir normalerweise Angst machen. Zum Beispiel: „Ich genieße diesen Cocktail in vollen Zügen“ oder „Das leicht beschwipste Gefühl macht mich entspannt und fröhlich“. Anschließend sollte ich täglich jeweils einen dieser Sätze intensiv durchdenken, aber getrennt nach Sinneskanälen.

Bei dieser 5-Kanal-Technik gings dann darum, nicht nur zu denken „Ich bin entspannt auf der Party“, sondern sich wirklich alle Sinneseindrücke vorzustellen:

  • Was sehe ich? (Das schöne Glas in meiner Hand, die lachenden Gesichter…)
  • Was höre ich? (Die Musik, das Klirren der Gläser…)
  • Was schmecke ich? (Den fruchtigen Cocktail…)
  • Was rieche ich? (Den Duft von gutem Essen…)
  • Was fühle ich? (Die angenehme Wärme im Bauch…)

Es klingt so einfach, aber diese Übungen haben mein Gehirn buchstäblich neu programmiert! Nicht sofort, es dauerte schon ein paar Wochen, bis ich wirklich einen Unterschied merkte, aber dann ging alles ganz schnell. Eines Abends, ich kam gerade von meiner vierten Therapiesitzung im Institut, rief eine Freundin an. Sie sagte, sie hätte noch eine Karte für eine Kinopremiere mit anschließender Party übrig, ob ich spontan Lust hätte, mitzukommen. Bisher hatte ich solche Angebote immer unter irgendeinem Vorwand dankend abgelehnt, doch diesmal sagte meine innere Stimme: „Warum nicht?“

Also zog ich mir was Hübsches an und ging mit ihr dort hin. Was ich dann erlebte, kann man eigentlich nur mit Wiedergeburt beschreiben. All das, was ich monatelang nur in meinen Gedanken geübt hatte, hat plötzlich auch in echt funktioniert. Ohne Angst, ohne zu überlegen, wie ich mich möglichst schnell verdrücken könnte. Nein – ich hatte einfach nur Spaß dort zu sein. Meine inneren Bilder und Dialoge kamen mir vor, als stammten sie von einem anderen Menschen. Als mir jemand ein zweites Glas Sekt anbot, hat meine innere Stimme nicht wie früher „Bloß nicht!“ geschrien, sondern ganz selbstverständlich gesagt: „Unbedingt, der war lecker!“

Doch das Beste war: Die Worte, die da wie selbstverständlich aus meinem Mund kamen, fühlten sich genauso richtig und echt an wie früher die Angstgedanken. Das war der Moment, wo ich kapiert hab: Ich hab’s geschafft. Ich kann meine Emetophobie hinter mir lassen. Heute kann ich endlich all die Dinge tun, die 32 Jahre lang unmöglich schienen. Meine Familie ist manchmal noch überraschter als ich selbst, wenn ich ganz entspannt im Restaurant sitze oder sogar Lust auf eine Schiffsreise habe.

Als Herr Bernhardt mich fragte, ob ich Lust hätte, zur Ermutigung für andere Frauen (es sind nämlich überwiegend Frauen, die unter Emetophobie leiden), einen kleinen Erfahrungsbericht zu schreiben, musste ich nicht lange überlegen. Seit der Therapie fühle ich mich wie neu geboren und wünsche anderen Betroffenen einfach, dass sie diese unbeschreibliche Freiheit auch erleben dürfen. Wenn selbst ich es nach 32 Jahren Angst schaffe, diesen Mist loszuwerden, dann schaffen das garantiert auch noch andere. Herzliche Grüße,

Ann-Christin K. aus Berlin

Ann-Christin K. aus Berlin