Was tun, wenn die Angst zurückkehrt

Was tun, wenn die Angst zurückkehrt?

Wer schon eine Zeitlang mit der Bernhardt-Methode gearbeitet hat, der weiß, wie schnell sich mit damit Erfolge im Kampf gegen die Angst erreichen lassen. Dennoch gibt es vereinzelt Menschen, die nach einigen Wochen erneut mit Ängsten zu kämpfen haben. Für dieses erneute Auftreten gibt es vier mögliche Gründe:

Grund 1: Es wurden NUR die Angst-Stopp-Techniken benutzt

Der oder die Betroffenen nutzen zwar die Angst-Stopp-Techniken aus meinem Buch oder dem Online-Videokurs, arbeiten aber NICHT oder nur sehr sporadisch mit der 10-Satz-Methode, und das, obwohl sowohl im Buch als auch im Videokurs mehrfach darauf hingewiesen wird, dass NUR die Kombination beider Methoden dauerhaft erfolgreich sein kann.

Wer NUR die Notfall-Techniken anwendet, der hat zwar anfangs schnelle Erfolge, da er ja die Angstmuster in seinem Kopf schnell und erfolgreich unterbrechen kann. Er versäumt dabei aber, mithilfe der 10-Satz-Methode eine neue Datenautobahn in seinem Gehirn anzulegen. Im Gehirn von Angstpatienten regiert nämlich eine dicke, neuronale Datenautobahn der Angst, während Gefühle wie Leichtigkeit und Freude wesentlich schwächer vernetzt sind. Ich vergleiche das gerne mit einem schmalen, zugewachsenen Feldweg, über den man nur mühsam vorankommt. Ängstliches Denken hingegen ist neuronal so sehr im Gehirn verankert, dass dieses die Angst vollautomatisch abfeuert, so wie man auf einer gut ausgebauten Autobahn eben auch schneller und leichter vorankommt.

Sie brauchen also anstatt eines positiven Feldweges ebenfalls eine ganze Autobahn im Kopf, bevor Ihr automatisiertes Denken darauf umgeleitet werden kann und somit aus Angst wieder Lebensfreude wird. Diese Gegenautobahn baut sich aber nicht von selbst! Diesen Neuaufbau müssen Sie aktiv unterstützen – und zwar, in dem Sie eine neue Art des Denkens trainieren. Die hierfür schnellste Methode ist die bereits erwähnte 10-Satz-Methode, kombiniert mit der 5-Kanal-Technik.

Nur mit den Angst-Stopp-Techniken schnell und für die Dauer von ein paar Wochen oder auch Monaten in der Lage zu sein, die Ängste schon im Keim zu ersticken, ist natürlich ein tolles Gefühl, gerade dann, wenn man zuvor schon etliches an Therapie oder Medikamenten ausprobiert hat, ohne dass wirklich etwas geholfen hätte. Aber nur, wer diese neu gewonnene Freiheit und Energie auch dafür nützt, um endlich den größten Auslöser seiner Angst auszuschalten, nur der kann dauerhaft von Angst und Panik befreit werden. Der größte Auslöser ist nämlich die Art und Weise, wie das Gehirn von Angstpatienten sich durch eine falsche Art des Denkens, zum Teil über Jahre hinweg, vernetzt hat. Es wurde darauf trainiert, mehr Zeit fürs Wälzen von Problemen zu verschwenden, anstatt in einem Bruchteil der Zeit Lösungen zu finden. Ein so trainiertes Gehirn interpretiert Gefahren in jede noch so harmlose Situation hinein und richtet den Fokus viel schneller auf irgendeinen Mangel, anstatt auf das, was man in seinem Leben schon erreicht hat.

Mein Tipp wäre deshalb: Nutzen Sie künftig die neue Lebensenergie, die Ihnen dank der Angst-Stopp-Techniken zur Verfügung steht und verändern Sie mit der 10-Satz-Methode aktiv die Strukturen Ihres Gehirns, damit dieses künftig bald dauerhaft anders und vor allem besser reagieren kann. Einen besseren Schutz vor Rückfällen gibt es nicht.

Grund 2: Die 10-Satz-Methode wurde mit einer Art Medizin verwechselt

Dem oder der Betroffenen ging es wieder eine ganze Zeitlang gut, weswegen dann irgendwann das Denken nach der 10-Satz-Methode eingestellt wurde. Leider wurde hier die 10-Satz-Methode mit einer Art Medizin verwechselt, die man ein paar Wochen lang einnimmt, solange man eben krank ist und mit der man dann aufhören kann, sobald man wieder gesund ist.

Aber die 10-Satz-Methode ist eben genau KEINE Medizin. Sie ist vielmehr eine Art Lifestyle, für den man sich bewusst entscheiden sollte, um dauerhaft davon zu profitieren. Ganz so, wie das auch bei regelmäßigem Sport oder gesunder Ernährung der Fall ist. Machen Sie sich klar, dass Sie mit der 10-Satz-Methode eine Art des Denkens erlernen, die für viele gesunde und erfolgreiche Menschen so normal ist, wie das tägliche Zähneputzen.

Wer nicht das Glück hatte, in einem Elternhaus aufzuwachsen, in dem er diese Art des Denkens von klein auf erlernt hat, der darf sich dann eben jetzt bewusst dafür entschieden, sich so ein gesundes Denken Schritt für Schritt anzueignen und dann dauerhaft beizubehalten. Wie schnelle dieses neue Denken Ihr Leben deutlich besser und angenehmer macht sollten sie ja bereits festgestellt haben, wenn Sie zumindest ein paar Wochen intensiv mit der 10-Satz-Methode gearbeitet haben.

Nur wer dauerhaft sein Verhalten ändert, kann auch dauerhaft gesünder leben.

Kurzzeitige Hau-Ruck Aktionen, wie z.B. eine extreme Diät, sorgen zwar ebenfalls für schnelle Erfolge, in diesem Fall Gewichtsverlust, doch sobald man wieder zu seiner alten, ungesunden Ernährung zurückkehrt, kommen auch die überflüssigen Pfunde ganz schnell wieder zurück, und dann hat man meist noch ein paar Kilo mehr drauf als zuvor. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit der 10-Satz-Methode. Nicht die Methode ist das Problem, sondern die Tatsache, dass man das neue Denken nicht konstant in sein Leben integriert hat. Natürlich fällt das am Anfang nicht leicht, und auch hier gibt es ganz deutliche Parallelen zu regelmäßigem Sport und zur gesunden Ernährung: Je länger man dranbleibt, umso leichter fällt es einem von Woche zu Woche.

Man sagt: Um sich eine neue Angewohnheit in seinem Leben zu etablieren, benötigt man etwa 3 Wochen.

Daraus einen vollständig automatisch ablaufenden Gehirnautomatismus zu machen, dauert allerdings mindestens ein halbes Jahr. Das mag für den einen oder anderen anfangs durchaus anstrengend sein, mein Rat ist dennoch: Bleiben Sie dran! Sobald Sie das geschafft haben, werden Sie den Rest Ihres Lebens davon profitieren, und das nicht nur, weil Ihre Angststörung verschwunden ist.

Vieles in Ihrem Leben wird Ihnen dann leichter von der Hand gehen und sie werden sich (vielleicht zum ersten Mal in Ihrem Leben) Ziele setzen und auch erreichen, die zuvor undenkbar für Sie gewesen wären.

Grund 3: Der sekundäre Krankheitsgewinn

Grund 3 hat mit dem sogenannten secondary gain zu tun, also dem sekundären Krankheitsgewinn, den Sie vielleicht schon aus meinem Buch oder meinem Videokurs kennen. Wer so sehr unter Ängsten leidet, dass er nicht mehr zur Arbeit gehen kann, vielleicht sogar nicht einmal mehr einkaufen oder auf die Straße gehen kann, der hat natürlich auf der einen Seite einen riesigen Verlust an Lebensqualität. Auf der anderen Seite ist es aber durchaus möglich, dass die Krankheit auch paar Vorteile mit sich bringt, so merkwürdig das auch für manche klingen mag.

Lassen Sie mich das anhand eines Fallbeispiels aus unserer Praxis näher erläutern.

Vor gut einem Jahr kam ein 28-jähriger Mann zu mir in die Praxis, der von schweren Angstattacken geplagt wurde. 5 Jahre lang war er einem Job nachgegangen, der ihm absolut keinen Spaß machte, der aber wenigsten gutes Geld brachte. Doch obwohl er sich Tag für Tag schlecht gelaunt zur Arbeit schleppte, war er dennoch zu unflexibel, um sich anderweitig zu bewerben oder gar weiterzubilden, um auf dem Arbeitsmarkt künftig bessere Chancen zu haben. Irgendwann zog seine Psyche dann die Notbremse und die Diagnose „generalisierte Angststörung“ zwang ihn dazu, letztlich doch mit dem belastenden Job aufzuhören. Am ursprünglichen Problem, nämlich dem „zu unflexibel sein“, hatte sich aber nichts geändert. Durch die Krankschreibung hätte er zwar nun mehr als genug Zeit gehabt, um sich um einen neuen Job zu bemühen oder auch weiterzubilden, doch jetzt war er ja offiziell krank. Und das war eine ziemlich gute Ausrede, sich auch weiterhin vor dieser seit Jahren überfälligen Maßnahme zu drücken.

Diese tolle Ausrede nennt man secondary gain, also den sekundären Krankheitsgewinn. Sekundär bedeutet „auf einer zweiten Ebene“. Auf der ersten Ebene war die Angsterkrankung natürlich alles andere als ein Gewinn. Sie war sehr belastend und resultierte eindeutig daraus, dass der junge Mann viel zulange nicht auf sein Bauchgefühl gehört hatte. Dieses hatte ihm nämlich schon seit Jahren signalisiert, dass es an der Zeit ist, sich um einen anderen Job zu bemühen. Auf der zweiten Ebene war die Krankheit aber tatsächlich auch ein Gewinn für ihn, denn jetzt konnte er endlich guten Gewissens von der Arbeit fernbleiben, da er ja wirklich krank war. Und zwar seiner Meinung nach so krank, dass er nicht einmal jetzt in der Lage war, aktiv etwas dafür zu tun, um zukünftig in einem angenehmeren Arbeitsumfeld wieder voll und ganz aufzublühen.

Vielleicht dachte er insgeheim sogar: „Geschieht meinem Arbeitgeber ganz recht, dass er jetzt ohne mich auskommen muss! Das hat er nun davon, dass er mich die ganze Zeit so unter Druck gesetzt hat.“ Doch wer trägt denn letztendlich die Verantwortung für das Wohlbefinden des jungen Mannes? Sein Arbeitgeber – oder doch er selbst?

Natürlich hat der Arbeitgeber einen gewissen Einfluss auf das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter. Aber er trägt nicht die Verantwortung für deren Leben. Wir alle tragen selbst die Verantwortung für unser Leben und der einzige Grund, warum sich hier eine Angststörung entwickeln konnte, ist der, dass hier jemand schlicht zu bequem war, sich rechtzeitig aktiv um einen besseren Job zu bemühen. Bei anderen Angstpatienten war es vielleicht eine bessere Beziehung oder ein besseres Umfeld, um das man sich hätte aktiv bemühen dürfen. Ganz egal, worunter wir in unserem Leben leiden, es liegt an uns und NUR an uns, daran etwas zu verändern.

Konfrontiere ich meine Patienten dann mit dieser „zugegebenermaßen“ unangenehmen Wahrheit, dann bekomme ich nicht selten zur Antwort: „Ich kann nicht, die Angst beherrscht mich so sehr, dass ich an gar nichts anderes mehr denken kann!“ Hake ich dann aber konkret nach, stellt sich in aller Regel heraus, dass das so gar nicht stimmt. Die wirklich extremen Angstmomente halten bei den meisten nur wenige Minuten bis maximal 2 Stunden an. Gefühlt ist das natürlich eine halbe Ewigkeit, aber in Wirklichkeit sind das im Extremfall noch nicht einmal 10% des ganzen Tages.

Doch was ist mit dem Rest der Zeit? Gerade jüngere Angstpatienten schaffen es oft spielend, diese mit Fernsehen, Videospielen oder Surfen im Internet totzuschlagen. 1.000 oder gar mehr Stunden pro Jahr werden so vergeudet, in denen man vielleicht besser darüber nachgedacht hätte, welcher Beruf einen wirklich glücklich machen könnte und über welchen Fernlehrgang man auch von zu Hause eine Weiterbildung machen kann, die einen wirklich voranbringt. Darauf angesprochen kommt dann meist die nächste Ausrede, nämlich dass man dafür kein Geld hätte. Bei dem jungen Mann aus meinem Praxisbeispiel war es genauso. Tatsächlich jedoch hatte er nicht ein einziges Mal recherchiert, was so eine Weiterbildung wirklich kostet. Sonst hätte er nämlich gewusst, dass es z.B. bei udemy.com bereits ab 13,99 Euro komplette Videokurse für fast jede mögliche Weiterbildung gibt.

Angstpatienten finden viel schneller einen Grund, warum Sie etwas NICHT tun, als dass Sie einen Grund dafür finden, warum Sie sofort anfangen sollten, etwas an Ihrem Leben zu verändern. Das liegt nicht selten daran, dass sie kein wirklich großes und klares Ziel haben, für das es sich lohnt, wieder aktiv zu werden.

Grund 4: Das Fehlen großer Ziele

Das Fehlen wirklich großer Ziele ist der 4. Grund, warum die Angst einen nochmal überfallen kann. So war es auch bei dem jungen Mann aus meinem Beispiel. Er hatte sich nie um eine Weiterbildung bemüht, da er sich nie ernsthaft Gedanken gemacht hatte, welcher Job für ihn der passende sein könnte. Ich empfahl ihm daraufhin das Buch „Mach was du willst – Design Thinking fürs Leben“ von Bill Burnett und Dave Evens – und tatsächlich gelang es ihm damit herauszufinden, welcher Beruf wirklich zu ihm passte. Eine kurze Buchbeschreibung, worum es genau in diesem extrem hilfreichen Buch geht, finden Sie unter der Rubrik BUCHTIPPS.

Im Fall des jungen Mannes stellte sich heraus, dass seine berufliche Zukunft im selbstständigen Entwerfen und Bauen von Webseiten lag. Das dazu nötige Handwerkszeug erlernte er in weniger als 4 Monaten und mit einem Kapitalaufwand von insgesamt gerademal 80 €. Soviel kosteten die verschiedenen WordPress—Videoworkshops, die er auf mein Anraten hin auf udemy.com belegte. WordPress ist übrigens eine sehr beliebte Plattform zur Erstellung guter und schöner Webseiten und auch meine eigene Seite basiert darauf. Schon während dieser ersten 4 Monate erstellte der junge Mann eine tolle Webseite für die Boutique seiner Schwester und eine weitere für den Handwerksbetrieb seines Onkels. Beide hatten dadurch eine so deutliche Umsatzsteigerung, dass immer mehr Freunde und Bekannte auf die Idee kamen, sich ebenfalls eine Webseite von ihm erstellen zu lassen. Kein halbes Jahr später verdiente er mit seiner neu gegründeten Webseitenagentur mehr als das Vierfache von dem, was er zuvor in seinem alten Job verdient hatte, der ihn so krank gemacht hatte. Und die Angststörung? Die verschwand schon während der 4-monatigen Lernphase ganz von selbst, denn nun hatte seine Psyche ja schlicht keinen Grund mehr, ihn vor einem selbst schädigenden Verhalten zu warnen.

Große Ziele helfen!

Große und für sich passende Ziele zu haben ist eine Grundvoraussetzung für ein glückliches und zufriedenes Leben. Nur zu sagen: „Ich wäre ja schon zufrieden, wenn die Angst endlich weg wäre!“ ist KEIN solches Ziel, denn hier richten Sie Ihre Konzentration ja wieder nur auf das, was Sie LOSWERDEN wollen, nicht aber auf das, wofür es sich wieder lohnt, aktiv zu werden. Übrigens, wer partout keine Ahnung hat, dem empfehle ich unseren neuen Online-Videokurs „Endlich angstfrei!“. Darin erkläre ich unter anderem auch, wie man endlich seine wahren Ziele im Leben findet und wie man es dann auch schaffen kann, diese auch wirklich zu erreichen.

Über den Autor

Klaus Bernhardt leitet zusammen mit seiner Frau Daniela Bernhardt das Institut für moderne Psychotherapie in Berlin.​ Gemeinsam arbeiten sie dort mit Ärzten, Neurowissenschaftlern und psychologischen Psychotherapeuten daran, die Behandlungsdauer von psychischen Erkrankungen deutlich zu verkürzen. Ziel ist es zudem, den Einsatz von Psychopharmaka weitgehend zu vermeiden, da diese häufig zu Nebenwirkungen führen können, die Betroffene zusätzlich belasten.