Klaus und Daniela Bernhardt
Klaus und Daniela Bernhardt

Was ist die Bernhardt Methode?

Die Bernhardt Methode ist eine Kurzzeittherapie bei Angststörungen, die am Institut für moderne Psychotherapie in Berlin entwickelt wurde. Sie wurde nach den beiden Leitern des Instituts, Daniela und Klaus Bernhardt benannt. Erstmals einem internationalen Publikum vorgestellt wurde sie in dem Buch „Panikattacken und andere Angststörungen loswerden“, welches in Deutschland über zwei Jahre auf der Bestsellerliste stand und mittlerweile in über 20 Sprachen übersetzt wurde. Auf dem englischsprachigen Markt erschien das Buch z.B. unter dem Titel THE ANXIETY CURE.

Wie die Bernhardt-Methode entstanden ist

Im Vorwort seines Buches beschreibt Klaus Bernhardt, wie er und seine Frau zur Entwicklung der Bernhardt-Methode kamen. Dort können Sie lesen:

Alleine im deutschsprachigen Raum leiden mehr als 14 Millionen Menschen an einer diagnostizierten Angsterkrankung, über zwei Millionen davon werden von ständig wiederkehrenden Panikattacken geplagt. Diese Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als schnellstmöglich wieder in ein normales Leben zurückzukehren, in ein Leben ohne die Angst vor der Angst.

Ich habe mich vor vielen Jahren aufgrund eigener Erfahrungen dazu entschieden, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um Menschen mit Panikattacken schneller und umfassender zu helfen, als das bislang möglich war. In unserer Praxis für Psychotherapie in Berlin haben wir uns deshalb auf die Behandlung von Angsterkrankungen spezialisiert. Meine Frau und ich arbeiten dabei mit einer voll- kommen neuen Art von Therapie, die ihren Ursprung in der modernen Hirnforschung hat. Unsere Methode hat nur noch wenig mit dem zu tun, was Angstpatienten für gewöhnlich als Behandlung erwartet. Bei uns gibt es keine Konfrontationstherapie (Exposition), keine Atemübungen, keine progressive Muskelentspannung und auch kein Graben in der Kindheit. Auch die Einnahme von Antidepressiva und Tranquilizern lehnen wir bis auf ganz wenige Ausnahmen strikt ab. Entsprechend oft werden wir deshalb gefragt, warum denn unsere Form der Therapie so radikal anders ist als die unserer meisten Kollegen. Ich zitiere dann gerne Albert Einstein, der einmal so treffend sagte:

»Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen
und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.«

Bedauerlicherweise beschreibt dieses kluge Zitat in weiten Teilen die Art und Weise, wie heutzutage mit Angstpatienten umgegangen wird. Dieselben Therapieformen werden wieder und wieder praktiziert, obwohl sie oft gar nicht oder nur sehr schleppend helfen. Gleichzeitig werden neue, bahnbrechende Erkenntnisse der Hirnforschung anscheinend links liegen gelassen. Anstatt dieses Wissen zu nutzen, um endlich bessere Therapiestandards zu etablieren, werden weiterhin Antidepressiva verschrieben und Methoden verwendet, die sich zum Teil seit Jahrzehnten nicht wesentlich weiterentwickelt haben. Dabei haben wir gerade in den letzten 20 Jahren viele neue Erkenntnisse über das Gehirn und seine Funktionsweise gewonnen. Dank bildgebender Verfahren können wir unseren grauen Zellen beim Denken zusehen. Wir können testen, welche Gedanken und mentalen Übungen welche Reaktionen auslösen, und Experten haben die Möglichkeit, sich über das Internet weltweit auszutauschen.

All das hat dazu geführt, dass wir heute recht genau wissen, was im Gehirn passieren muss, damit Panikattacken überhaupt auftreten können, und auch, was getan werden kann, um diese Angst wieder zu beenden. Alle Techniken, die in diesem Buch beschrieben sind, haben wir selbst über Jahre in unserer Praxis getestet und immer wieder verfeinert. Vermutlich können Sie sich das kaum vorstellen, aber mittlerweile benötigen über 70 Prozent unserer Patienten weniger als sechs Sitzungen, um ihre Panikattacken vollständig loszuwerden.

Wie man seine Neuroplastizität nutzen kann, um Angst zu verlernen

Vieles von dem, was wir noch in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren über das Gehirn zu wissen glaubten, ist heute schlicht falsch und wissenschaftlich eindeutig widerlegt. Dummerweise wurden aber viele der Therapieformen, die bis heute als Standard gelten, entweder in jener Zeit oder sogar noch deutlich früher entwickelt. Kein Wunder also, dass viele, die jahrelang so therapiert wurden, auch heute noch unter Angststörungen leiden.

Bis Mitte der 90er-Jahre dachte man nämlich tatsächlich, das Gehirn eines erwachsenen Menschen würde sich nicht mehr großartig verändern. Dank Professor Dr. Eric Kandel und einigen anderen großartigen Wissenschaftlern wissen wir heute allerdings, dass exakt das Gegenteil der Fall ist. Unser Gehirn verändert sich ständig, und es passt sich Tag für Tag an die Art seiner Benutzung an. So hat zum Beispiel eine Studie unter Taxifahrern in London ergeben, dass bei diesen der Bereich des Gehirns, der für die örtliche Orientierung zuständig ist, deutlich größer ist als zum Beispiel bei jemandem, der im Büro arbeitet.

Diese Fähigkeit des Gehirns nennt man Neuroplastizität. Nahezu alle Therapieverfahren, die bei Angststörungen angeboten, wurden jedoch in einer Zeit entwickelt, in der man dem Gehirn diese Wandlungsfähigkeit nicht zugetraut hat. Die meisten dieser Methoden sind zwischen 30 und 60 Jahre alt, im Fall der Psychoanalyse sind es sogar über 120 Jahre. Viele der herkömmlichen Therapieansätze basieren somit auf der Vorstellung, dass das Gehirn mehr oder weniger fertig ist, sobald wir ausgewachsen sind, und sich ab einem bestimmten Alter nicht mehr wirklich verändern kann.

Doch wie Erfolg versprechend können die bisherigen Standardtherapieverfahren dann noch sein? Das wäre ungefähr so, als würde ein Bootsbauer, der Wasser bislang nur als zugefrorene Fläche kennengelernt hat, verschiedene Bootstypen entwickeln. Was glauben Sie, wie gut werden seine Boote wohl schwimmen, wenn dann der Sommer kommt und das Eis plötzlich schmilzt?

So wie sich bestimmte Bereiche des Gehirns von Taxifahrern sichtbar vergrößern, so reagiert auch Ihr Gehirn Tag für Tag darauf, wie es benutzt wird. Machen Sie sich vielleicht schon über Jahre Sorgen, kommt Ihnen Kritik viel schneller über die Lippen als Lob? Sind Sie von klein auf zum Zweckpessimisten erzogen worden? Dann wird Ihr Gehirn wesentlich effizienter Probleme finden als Chancen. Es wird viel schneller Gründe finden, warum sich ein Traum nicht verwirklichen lässt, als dass es eine Idee entwickelt, wie es doch möglich ist. Es ist ja nicht so, dass es tatsächlich mehr Probleme als Lösungen gäbe, vielmehr ist Ihr Gehirn nur viel besser darauf trainiert, das eine zu sehen und das andere zu übersehen.

Ein Gehirn, das lange genug auf Angst hin trainiert wurde, wird früher oder später fast zwangsläufig eine Angststörung oder eine Depression entwickeln. Doch wenn man sein Gehirn in Richtung Angst und Panik trainieren kann, dann muss es auch möglich sein, es in Richtung Leichtigkeit und Freude zu verändern. Und tatsächlich gibt es mittlerweile Techniken, mit der so eine »Umprogrammierung« innerhalb weniger Wochen möglich ist. Ein unter Hirnforschern gängiger Spruch lautet: Neurons that fire together, wire together. Also: »Neuronen, die gemeinsam Signale abfeuern, verbinden sich, und zwar über Synapsen.«

Mithilfe eines neu entwickelten Mentaltrainings, das heute unter dem Begriff Bernhardt Methode bekannt ist, ist es heute möglich, besonders viele Ihrer Synapsen zeitgleich positive Informationen abfeuern zu lassen, was dazu führt, dass diese sich untereinander verbinden und somit in Ihrem Kopf eine neue positive Datenautobahn entsteht.

Je stärker dieses neue Netzwerk in Ihrem Gehirn wird, umso häufiger werden Ihnen automatisch positive Gedanken durch den Kopf gehen, während die angstvollen allmählich weniger werden. Sobald Sie es geschafft haben, drei Wochen lang mehr positiv zu denken als Sorgen zu wälzen, fängt auch Ihr Körper an, aktiv dabei zu helfen, Ihre Ängste zu überwinden. Denn ab jetzt arbeiten die Gesetze der Zellerneuerung nicht mehr gegen, sondern für Sie. Ein ebenfalls sehr beliebter Spruch unter Hirnforschern lautet: Use it or lose it! Also: »Nutze es oder verliere es!« So sicher wie sich Muskelfaserzellen abbauen, die nicht regelmäßig bewegt werden, so sicher wachsen Muskeln und werden stärker, sobald Sie diese trainieren. Auch im Gehirn bilden sich die synaptischen Verbindungen, in denen Angst gespeichert ist, zurück, sobald diese längere Zeit nicht genutzt werden, während das permanente Kreisen um das Thema neuronal dafür sorgt, dass sich die Angst generalisiert, also immer mehr ausweitet.

Vielleicht ahnen Sie ja jetzt schon, warum so viele Standardtherapien unnötig lange brauchen, um Angstpatienten wieder zu mehr Leichtigkeit und Sicherheit zu verhelfen. Auf der einen Seite wird durch Gruppentherapie, Konfrontation und das regelmäßige Sprechen über die Ängste neuronal immer mehr das verstärkt, was eigentlich abgebaut werden sollte. Auf der anderen Seite sind die dort verwendeten Entspannungstechniken wie Qi Gong, progressive Muskelentspannung und autogenes Training »nur« dazu geeignet, ein wenig Beruhigung zu schenken. Sie verändern aber kaum etwas an den neuronalen Grundlagen Ihrer Angst. Und auch die so häufig verwendeten Atemtechniken haben leider nicht das Potenzial, um ungünstige Gehirnautomatismen schnell rückgängig zu machen. Angst lässt sich eben dauerhaft nur da ausschalten, wo sie entstanden ist, in den neuronalen Strukturen Ihres Gehirns.

Über den Autor

Klaus Bernhardt leitet zusammen mit seiner Frau Daniela Bernhardt das Institut für moderne Psychotherapie in Berlin.​ Gemeinsam arbeiten sie dort mit Ärzten, Neurowissenschaftlern und psychologischen Psychotherapeuten daran, die Behandlungsdauer von psychischen Erkrankungen deutlich zu verkürzen. Ziel ist es zudem, den Einsatz von Psychopharmaka weitgehend zu vermeiden, da diese häufig zu Nebenwirkungen führen können, die Betroffene zusätzlich belasten.