Mann, bedenklich eine Tablette einnehmend

Depression durch Antibiotika, Antidepressiva und weitere Medikamente

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Laut einer Studie der University of Illinois führen über 200 häufig verwendete Medikamente Depressionen als mögliche Nebenwirkung auf. Ziel der Forscher war es herauszufinden, wie häufig diese Nebenwirkung tatsächlich auftreten. Zudem überprüften sie, wie sehr die Gefahr einer möglichen Depression sich erhöht, wenn nicht nur eines, sondern gleich mehrere dieser Medikamente eingenommen werden. Zu diesem Zweck werteten sie die Daten von rund 26.000 Patienten über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg aus. Dabei konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass Depressionen umso häufiger auftraten, je mehr »verdächtige« Präparate gleichzeitig eingenommen wurden.

Und es war absolut keine Seltenheit, dass Patienten gleich zwei oder drei dieser Medikamente verordnet bekommen hatten. Immerhin handelte es sich größtenteils um sehr gängige Präparate, wie zum Beispiel Blutdruckmedikamente, Antibiotika, Mittel gegen Sodbrennen oder auch die Antibabypille.

Wenn man jetzt noch bedenkt, wie oft Bluthochdruck, Magenprobleme sowie Dutzende weiterer körperlicher Probleme nachweislich psychosomatische Auslöser haben, dann wird einmal mehr klar, warum so viele Krankengeschichten sich über Jahre oder gar Jahrzehnte hinziehen. Wer statt der psychischen Auslöser nur die organischen Symptome behandelt, verzögert nämlich nicht nur seine Heilung. Er nimmt auch das Auftreten weiterer Probleme in Kauf, da er häufig Medikamente bekommt, die er eigentlich gar nicht benötigt. Nehmen wir deswegen ein paar der gängigsten Medikamente etwas genauer unter die Lupe – und wer weiß, vielleicht können Sie ja schon jetzt den ein oder anderen »Tatverdächtigen« identifizieren.

Verschlimmerung einer Depression durch Antidepressiva

Es klingt paradox, aber Antidepressiva können depressiv machen.  Und tatsächlich tritt diese Nebenwirkung gar nicht so selten auf. Laut einer Studie der Harvard Medical School in Boston klagen knapp 29 Prozent aller jungen Assistenzärzte in den Vereinigten Staaten über Depressionen oder zumindest depressive Symptome. Wenn eine Personengruppe, die besonders einfach Zugang zu Psychopharmaka hat und diese nachweislich auch häufig einnimmt, dreimal so oft unter Depressionen leidet wie der Durchschnittsamerikaner, dann sollte langsam ein Umdenken bei der Verordnung von Antidepressiva einsetzen.

Solche Fakten stellen Ärzte allerdings vor ein ernsthaftes Problem. Zusätzlich zu den seelischen Problemen, mit denen sie überdurchschnittlich oft selbst zu kämpfen haben, fehlt es ihnen an Alternativen, mit denen sie ihre Patienten behandeln könnten. Nimmt man ihnen Antidepressiva weg, haben sie buchstäblich nichts mehr, womit sie depressiven Menschen zumindest ein bisschen helfen können. Denn bislang kennen nur die wenigsten die Bernhardt-Methode, mit der sich Depressionen, aber auch Ängste und Zwangsstörungen binnen weniger Wochen erfolgreich behandeln lassen.

Mittlerweile zeigen immer mehr Studien, dass Antidepressiva zwar eine Vielzahl von Nebenwirkungen haben, in den meisten Fällen nicht besser helfen als Placebos, also Scheinmedikamente ohne jeden Wirkstoff.  Deshalb fordert sogar schon die Bundesärztekammer ihre Berufskollegen dazu auf, die geringe Wirksamkeit von Antidepressiva endlich klar zu benennen und nicht durch andere Aussagen zu verschleiern. Auf ihrer Webseite steht wörtlich:

„Wir brauchen innovative neue antidepressive Substanzen, die eine zuverlässige Überlegenheit gegenüber Placebokontrollen zeigen. Bis dahin sollte die geringe Wirksamkeit der Antidepressiva klar benannt und nicht mit anderen vermeintlichen Einflussgrößen verschleiert werden.“

Die einsprechende Quelle finden Sie hier:

Depressionen und Angststörungen durch Thyroxin

Nicht nur in Deutschland, auch weltweit zählt das synthetisch hergestellte Schilddrüsenhormon Thyroxin zu den fünf am meisten verbreiteten Medikamenten überhaupt. Dennoch wissen Menschen oft über Jahre hinweg nicht, dass ihre Schilddrüse nicht mehr so arbeitet, wie es nötig wäre, um leicht und gelassen durchs Leben zu gehen. Und selbst wenn ein Endokrinologe bei Ihnen ein Schilddrüsenproblem diagnostiziert hat und Sie medikamentös eingestellt wurden, heißt das noch lange nicht, dass Sie wirklich die richtige Dosis erhalten. Wie kann das sein? Für gewöhnlich überprüft ein Schilddrüsenexperte einmal im Jahr, welche Dosis an Schilddrüsenhormonen für Sie die geeignete ist, und legt fest, wie Sie diese über den Tag verteilt einnehmen sollen. Wie viel davon Sie tatsächlich brauchen, variiert jedoch stark und hängt unter anderem auch davon ab, wie stressig Ihr Alltag gerade ist. Sie können das gut mit dem Kraftstoffverbrauch eines Autos vergleichen. Fahren Sie mit konstant 90 Kilometern pro Stunde auf der Landstraße, verbraucht Ihr Wagen vielleicht nur sieben Liter Sprit auf 100 Kilometer. Rasen Sie aber mit 180 über die Autobahn, erhöht sich der Verbrauch schnell auf das Doppelte. Nicht anders verhält es sich mit Schilddrüsenhormonen. Je mehr Stress Sie haben, umso mehr dieser Hormone brauchen (und verbrauchen) Sie für Ihr seelisches Gleichgewicht.


Doch spiegelt der Zeitpunkt, zu dem Ihre Medikamentendosis festgelegt wird, immer Ihren tatsächlichen Bedarf wider? Wohl kaum. Wer zum Beispiel unmittelbar nach einem erholsamen Urlaub zum Arzt geht, um seinen Thyroxinbedarf ermitteln zu lassen, dessen Blutbild wird höchstwahrscheinlich falsche Werte liefern. Denn Sie haben ja während des Urlaubs wesentlich mehr von diesem Medikament eingenommen, als Sie in entspannter Atmosphäre tatsächlich verbraucht haben. Fragt der Arzt nicht zufällig nach, ob Sie gerade eine besonders stressfreie Zeit hinter sich haben, wird er Ihre Tagesdosis nach unten korrigieren, da Sie scheinbar aktuell zu viel Thyroxin nehmen. Doch der nächste Urlaub ist womöglich in weiter Ferne, und während Sie wieder Ihrer täglichen Arbeit nachgehen, geraten Sie von Tag zu Tag mehr in die hormonelle Unterversorgung. Wird dieser Fehler nicht rechtzeitig erkannt, geht Ihre Stimmung mehr und mehr in den Keller und endet womöglich in einer depressiven Verstimmung.

Hatten Sie hingegen eine außergewöhnlich aufreibende Woche hinter sich, bevor Ihr aktueller Bedarf an Schilddrüsenhormonen ermittelt wurde, zeigt Ihr Blutbild eine scheinbare Unterversorgung. Das ist auch richtig, denn tatsächlich hätten Sie in der stressigen Zeit ein wenig mehr von Ihren Tabletten gut vertragen. Aufgrund dieser kurzzeitigen Mehrbelastung die tägliche Dosis gleich für ein ganzes Jahr zu erhöhen ergibt jedoch ebenfalls keinen Sinn und ist zudem durchaus gefährlich. Denn dadurch laufen Sie ständig auf Hochtouren, kommen kaum mehr zur Ruhe und werden vermutlich auch deutlich schlechter schlafen. Die Wahrscheinlichkeit, über kurz oder lang im Burnout zu landen, steigt nun dramatisch an. Zudem werden Sie eine Vielzahl von Symptomen verspüren, die auch bei einer Angststörung auftreten: Herzrasen, Schwindel, Kribbeln in Armen oder Beinen und vieles mehr.

Depression durch Blutdrucksenker

Sowohl Betablocker als auch Calciumantagonisten wirken blutdrucksenkend und gehören zu den meist verordneten Medikamenten weltweit. Doch bedauerlicherweise verdoppeln beide Wirkstoffgruppen die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler der Universität Glasgow unter Leitung von Dr. Sandosh Padmanabhan. Für die Studie wurden fünf Jahre lang bei über 140 000 Patienten die Nebenwirkungen verschiedener Blutdrucksenker dokumentiert.

Da der negative Effekt auf die Psyche jedoch im Durchschnitt erst 2,3 Jahre nach Beginn der Medikation so stark wurde, dass er stationär behandelt werden musste, ist es sowohl für Betroffene als auch für behandelnde Ärzte gar nicht so einfach, sofort einen Zusammenhang zwischen den Medikamenten und dem Auftreten einer Depression zu erkennen.

Deshalb mein Rat an Sie: Sollten Sie schon längere Zeit Betablocker oder Calciumantagonisten einnehmen und den Verdacht haben, dass Ihre Psyche mit dieser Medikation nicht zurechtkommt, sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. Unter Umständen besteht ja die Möglichkeit auf ein anderes Medikament, wie zum Beispiel einen ACE-Hemmer, umzusteigen. Sofort mit Psychopharmaka gegen die Depression anzugehen, sollte hingegen das letzte Mittel Ihrer Wahl sein. Denn auch Antidepressiva sind bekannt dafür, zum Teil heftige Nebenwirkungen zu haben. Bevor Sie also riskieren, durch weitere Medikamente noch tiefer in ein seelisches Tief abzutauchen, prüfen Sie erst, ob die eigentliche Ursache für das Stimmungstief vielleicht doch nur eine Medikamentenunverträglichkeit ist.